Vor 77 Jahren, am 27. Januar 1945, befreiten Soldaten der Sowjetunion das Konzentrationslager Auschwitz. Unsere Mitstreiterin Gisela hat dazu einen Text verfasst:
„Wer sich dazu herbeilässt, die Erinnerung der Opfer zu verdunkeln, der tötet sie ein zweites Mal.“
Elie Wiesel, Friedensnobelpreisträger und ehemaliger Vorsitzender des „Holocaust Memorials Council“, 27. Januar 2000 im Deutschen Bundestag
Seit 26 Jahren wird dieser Tag als Gedenktag in der Bundesrepublik Deutschland begangen. Mit ihm wird an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee im Jahr 1945 erinnert. Dieser Tag gilt seit 2005 auch als internationaler Holocaust Gedenktag, ausgerufen von der Generalversammlung der Vereinten Nationen.
Der Gedenktag erinnert an alle Menschen, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verfolgt und ermordet wurden. Auschwitz steht dabei symbolhaft für den millionenfachen Mord, vor allem an Juden, aber auch für alle anderen rassistisch Verfolgten, wie z.B. Sinti und Roma, Homosexuelle, Behinderte. Wir gedenken der Millionen Opfer des faschistischen Rassenwahns und der politisch, religiös oder aus anderen Gründen Verfolgten und Ermordeten. Für sie sind Orte wie Auschwitz, Majdanek, Buchenwald, Sachsenhausen, Neuengamme oder Ravensbrück Orte der Menschenverachtung und Massenmorde geworden.
Dennoch fragen oder denken sich einige: Wozu dieser Gedenktag? Sollte nicht ein Schlussstrich gezogen werden?
Wir sagen: NEIN!
Zum einen gibt es die offizielle Gedenkstunde im Deutschen Bundestag mit Reden oftmals von Zeitzeug*innen wie beispielsweise der Auschwitz-Überlebenden Anita Lasker-Wallfisch (2018) oder von Zoni Weisz (2000), als Vertreter der Sinti und Roma. Ihre Schilderungen des Leids und ihrer Schicksale, ihre eindringlichen Worte und Appelle richten sich an uns, die nachfolgenden Generationen.
Darüberhinaus wird dieser Gedenktag an vielen Orten in unserem Land mit vielfältigen Veranstaltungen zum Gedenken an alle Opfer begangen. So gibt es in unserem Bundesland in diesem Jahr zum Beispiel die Aktion „Lichter gegen Dunkelheit – Schleswig-Holstein leuchtet gegen rechts“
An diesem Gedenktag geht es nicht um Schuldgefühle. Es geht darum zu verstehen, wie so etwas Unfassbares möglich war, wie es dazu kommen konnte. Die Anfänge zu sehen, die spätestens mit dem 30. Januar 1933, der Machtergreifung Hitlers begannen. Dazu ein kleiner Ausschnitt aus der Rede von Anita Lasker-Wallfisch vom 27. Jan. 2018 im Deutschen Bundestag:
„6 Millionen ist eine unvorstellbare Zahl. Mit einem Einzelschicksal kann man sich eventuell identifizieren. Ich erlaube mir, in Stichworten unsere Karriere als Überlebende von Auschwitz und Bergen-Belsen zu beschreiben. Renate und ich sind in diesem Land geboren, also deutsch. Unser Vater war Rechtsanwalt und Notar am Oberlandesgericht, unsere Mutter eine wunderbare Geigerin. Wir waren drei Töchter und lernten alle ein Instrument spielen,…
Plötzlich war alles zu Ende. Das Idyll war zu Ende. Radikale Ausgrenzung – „Juden unerwünscht“ war überall zu lesen -, man darf nicht mehr ins Schwimmbad gehen, auf Parkbänken sitzen. Fahrräder mussten abgegeben werden. Männer mussten den Namen „Israel“ und Frauen den Namen „Sara“ zusätzlich annehmen. Wir mussten unsere Wohnung räumen und zurück ins Mittelalter. Wir mussten den gelben Stern auf unserer Kleidung tragen. Auf der Straße wurde ich angespuckt und „dreckiger Jude“ genannt. Unser Vater – unverbesserlicher Optimist – konnte es nicht glauben: Die Deutschen können doch diesen Wahnsinn nicht mitmachen.“
Doch die Mehrheit der Deutschen hat diesen Wahnsinn
mitgemacht oder zumindest geduldet!
Die Geschichte kann unseren Blick schärfen zu sehen, wie sich Ausgrenzung und Diskriminierung langsam ausbreiten, oftmals im Kleinen, im Banalen, im Alltäglichen. Die Erfahrungen der Nazizeit verlangen von uns, aufmerksam zu sein, nicht abzuwarten und entschieden jeder Form von Rassismus, Antisemitismus sowie Diskriminierung und Hass entgegenzutreten.
Dies gilt umso dringlicher angesichts der vielen Opfer von fremdenfeindlicher Gewalt, erinnert sei hier an die neun Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau 2020.
Ein erstarkter Rechtsextremismus, der Einzug von extremen Rechten in unseren Parlamenten, für die die Bestialität der Nazizeit ein „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte ist, der vollkommen inakzeptable Vergleich von Corona-Maßnahmen mit der nationalsozialistischen Judenpolitik, die antisemitischen Verschwörungstheorien der Coronaleugner*innen, u.v.m. – all das erfordert von uns:
Erinnern wir an die Verfolgten und Opfer der Nazidiktatur!
Bleiben wir wachsam und aktiv!
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Alle Reden zur Gedenkveranstaltung im Deutschen Bundestag seit 1996
Aktion in S-H
https://herzogtum-direkt.de/index.php/2022/01/17/schleswig-holstein-leuchtet-gegen-rechts/