Diesen Brief haben die Kieler OMAS GEGEN RECHTS heute an Daniel Günther, den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein, geschickt:
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
wohl unter dem Eindruck der jüngsten Aktionen der „Letzten Generation“ kündigen Sie eine „härtere Gangart“ gegen die Klimaschützer:innen an. Wir als OMAS GEGEN RECHTS sprechen uns gegen eine Kriminalisierung der „Letzten Generation vor den Kipppunkten“ aus.
Zunächst einmal stellt sich uns die Frage, was in einem Rechtsstaat wie dem unseren eine „härtere Gangart“ bedeuten soll. Die Abfolge nach einer begangenen (!) Straftat ist klar definiert: Von der Feststellung des Straftatbestandes durch eine Anzeige, bzw. die Staatsanwaltschaft , über Ermittlungen und Strafprozess mit dem Ergebnis einer Sanktionierung durch ein Gericht ist sichergestellt, dass Straftaten geahndet werden. Was eine Straftat ist und wie sie sanktioniert wird, entscheidet eine von politischen Vorgaben unabhängige Justiz. Es erschreckt uns zutiefst, dass Sie jetzt in nachgerade populistischer Tonart diesen rechtsstaatlichen Kern unseres Gemeinwesens in Frage stellen wollen.
Ihre markigen Worte mögen bei manchen gut ankommen. Wir möchten Sie jedoch daran erinnern, dass bereits jetzt Aktivist:innen der Letzten Generation vermehrt gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt sind. Als verantwortungsvoller Politiker sollten Sie es unbedingt vermeiden, solche Aktionen der Selbstjustiz noch zu ermutigen.
In Ihrem Statement sprechen Sie von „Machenschaften“ der letzten Generation und bewerten das Anliegen des Klimaschutzes als „Vorwand“. Dieser Sichtweise widersprechen wir ausdrücklich. Die „Letzte Generation“ fordert nichts, was nicht ohnehin durch internationale Abkommen, durch EU- und nationale Gesetzgebung längst hätte umgesetzt werden müssen. Die Aufgabe der Politik – und damit auch Ihre Aufgabe – ist es, die Lebensgrundlagen heutiger und künftiger Generationen zu sichern. Wenn Sie die derzeitige Politik realistisch betrachten, werden Sie, genau wie wir, feststellen, dass sich im Hinblick auf wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz immer noch viel zu wenig tut. Erst gestern wurde in den Nachrichten verkündet, dass die Bundesregierung die angestrebten Klimaziele nicht durchsetzen wird, und dass das Erreichen der Klimaziele im Zweifel verschoben wird.
Wir fragen Sie, wo Ihre „härtere Gangart“ bleibt, wenn es darum geht sich deutlich für Maßnahmen zum Klimaschutz auszusprechen. Wo bleibt Ihr Einsatz gegen Steuerprivilegien für Flugbenzin? Wo bleibt Ihr Einsatz für einen bevorzugten Ausbau von Bahnen und Öffentlichem Nahverkehr? Wo bleibt Ihr Engagement gegen CO2 Ausstoß durch Luxusgüter wie überdimensionierte SUV , Yachten oder Privatflugzeuge? Wo bleibt Ihr Engagement für ein flächendeckendes Tempolimit und den Erhalt von Naturflächen?
Auch wir stehen den Aktionen der „Letzten Generation“ nicht unkritisch gegenüber und würden uns ein weniger offensives Vorgehen wünschen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die vertretenen Anliegen mehr als berechtigt, sogar überlebensnotwendig sind.
Wir kennen Sie als maßvollen, vernünftigen Politiker und bitten Sie herzlich, nicht in die Tonart von Aiwanger, Söder oder der BILD-Zeitung zu verfallen. Nehmen Sie der „Letzten Generation“ den Wind aus den Segeln und machen Sie sich laut und deutlich für einen wirksamen Klimaschutz stark!