Elf OMAS und ein OPA fuhren am 4. Oktober nach Rendsburg, um sich in einer aktuellen Ausstellung über die „Koloniale Frauenschule“ zu informieren. Herr Ahlers, ehemaliger langjähriger Leiter der Landesbibliothek SH in Kiel, führte uns durch die Ausstellung.
Die Koloniale Frauenschule muss im Zusammenhang mit dem Wirken des Frauenbundes der Deutschen Kolonialgesellschaft (gegründet 1907) betrachtet werden. Dieser verfolgte das Ziel, Frauen zur Unterstützung des deutschen Kolonialprojektes zu gewinnen. Die „weiße Frau“ sollte Förderin der deutschen Kultur sein und galt als Symbol der „Zivilisierung“der einheimischen Bevölkerung. Auch wenn es mit Ende des ersten Weltkrieges keine deutschen Kolonien mehr gab, wurde der Traum, diese eines Tages wieder zurückzugewinnen, in den 20er Jahren stark propagiert. So auch in dem Beststeller Roman von Hans Grimm „Volk ohne Raum“.
In diesem Kontext muss man die Gründung der Kolonialen Frauenschule 1926 in Rendsburg betrachten. Sie stand in schöner Lage am Nord-Ostsee-Kanal, damals Kaiser-Wilhelm-Kanal, wo heute das Nordkolleg steht.
Die Schülerinnen kamen aus begüterten Familien, da ein jährliches Schulgeld von 900 Reichsmark gezahlt werden musste. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Monatslohn betrug 1926 knapp 140 Reichsmark. Ziel der einjährigen Ausbildung war es, als starke Farmersfrauen in den Kolonien Pionierarbeit zu leisten. So stand auf dem Stundenplan neben Kochen, Nähen, auch Reiten, Ausbildung in der Motorenlehre sowie Führerscheinerwerb, Pflanzen- und Saatgutlehre, Erntearbeit, Schlachten und andere Tätigkeiten, die für ein Leben als Farmersfrau notwendig waren. Sportliche Betätigungen nahmen einen großen Stellenwert ein, inklusive der Umgang mit dem Schießgewehr.
Uns wurde bewusst, dass der große Erfolg dieser Schule darin begründet lag, dass die Frauen der traditionellen Frauenrolle entkommen wollten. Sie strebten nach Selbstständigkeit und nach einem neuen, freieren Frauenbild. So wurden ca. 1100 Frauen in fast 20 Jahren ausgebildet. Die Schule existierte bis März 1945.
Mit Beginn des Nationalsozialismus 1933 wurde natürlich ein Ariernachweis von den Schülerinnen verlangt. Rassenlehre und Deutsche Kultur standen nun auf dem Stundenplan. Ein Pflege- und Medizinsemester wurde eingeführt. Die Frauen wurden ab den 40er Jahren nicht mehr nach Afrika geschickt, sondern nach Osteuropa. So lernten sie jetzt Russisch in der Schule.
Die Absolventinnen der Schule hielten engen Kontakt, tauschten sich in Briefen über ihre Erfahrungen aus, unterstützten sich gegenseitig. Sie waren stolz, dass sie die Ausbildung an der Kolonialen Frauenschule erhalten hatten. So gab es ab 1976 regelmäßige Treffen bis 2007. Aus ihren Briefen, Interviews wird deutlich, dass viele weiterhin die Ideologie der natürlichen Vorherrschaft und Überlegenheit der Europäer gegenüber den Afrikanern vertraten. Die Zeit in dieser Schule hatte sie stark geprägt.
Fazit: Ein sehr interessanter Nachmittag über eine besondere Schule in unserer Nähe, über die wir alle noch nichts wussten.