Auch in diesem Jahr fand am 9. November wieder ein Erinnern an die Reichspogromnacht statt. Vor 85 Jahren verschärften sich am 9. November die gezielten gewalttätigen Aktionen gegen die jüdische Bevölkerung, die Synagogen brannten, Wohnungen, Geschäfte von Juden wurden zerstört, Verhaftungen erfolgten.
Mit mehreren anderen Organisationen wurden wie die Jahre zuvor an mehreren Stolpersteinen in der Holtenauer Straße Mahnwachen abgehalten. Zehn OMAS GEGEN RECHTS standen wieder an den zwei Stolpersteinen beim Haus Nr. 13, die an das Ehepaar Steilberger erinnern.
Der jüdische Arzt und SPD-Mitglied Dr. Carl Martin Steilberger lebte dort mit seiner Frau Marie Charlotte Steilberger und den zwei Kindern (ein Sohn von Marie und ein gemeinsamer Sohn Harald). Im Mai 1933 wurde das Gartenhaus der Familie verwüstet, 1934 wurde ein Verfahren gegen Dr. Steilberger eröffnet (Verdacht einer verbotenen Abtreibung) und er kam in „Schutzhaft“. Um einer bevorstehenden Verhaftung zuvorzukommen, floh er im Juni 1936 nach Dänemark, seine Frau und der gemeinsame Sohn folgten eine Woche später. Ihr gesamtes Hab und Gut mussten sie zurücklassen. Ohne Arbeitserlaubnis in Dänemark herrschte wirtschaftliche Not, die Familie wurde vom jüdischen Hilfskomitee und auch von dänischen Freunden unterstützt. Nachdem die deutsche Besatzungsmacht Ende August 1943 den Ausnahmezustand über Dänemark verhängte, drohte die Deportation in Ghettos und Vernichtungslagern. So wurden lebensgefährliche Fluchtüberfahrten nach Schweden organisiert. Das Ehepaar entschloss sich am 10. Oktober 1943 zu einer solchen Überfahrt, auf der sie um Leben kamen. Unter den Geretteten befand sich auch ihr Sohn Harald, der sein Leben lang sehr traumatisiert.
(Informationen entnommen aus dem Flyer „Stolpersteine in Kiel, Dr. Carl Martin und Marie Charlotte Steilberger“, Hrsg: Landeshauptstadt Kiel, Sept. 2014)
In einer kurzen Abschlusskundgebung am Bernhard-Minetti-Platz wurde an die Reichspogromnacht erinnert und auf das furchtbare Massaker der Hamas an über 1400 Jüd:innen am 7. Oktober 2023 eingegangen, u. a. darauf, was dies heute für hier lebende Jüdinnen und Juden bedeutet. Das gemeinsame Singen des Liedes „Hevenu shalom alechem“ – Wir wollen Frieden für alle – war ein guter Abschluss.